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Die Helstorfer Ziegelei


-Technik, die faszinierte-


Heute ist von der Helstorfer Ziegelei an der Walsroder Straße nur noch wenig zu erkennen. Wohl kaum jemand weiß noch, dass es diese gab.
Als Jungen verbrachten wir dort oft unsere freie Zeit und als Onkel Willi (Wiegmann) dort als „Lipper“ Ziegel brannte, waren wir als Jugendliche immer mal wieder dort, um auf dem heißen Brennofen leckere Spiegeleier zu backen.

Ziegeleimuseum im Lipper Land
Als Kinder wurde uns immer wieder erzählt, wenn es Frühling wurde, dass die „Lipper“ schon da seien. Wer waren die „Lipper“ und was hatten sie in Helstorf zu suchen?

Ein Besuch im Ziegeleimuseum in Lage bei Detmold gab Aufschluss:
Das Land zwischen Rinteln und Detmold und Bielefeld ist hügelig und für den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten nicht so geeignet. Die Bewohner gingen als Wanderarbeiter auf Arbeitssuche. Im 19. Jahrhundert waren es die Ziegler, die überall im norddeutschen Raum ihre Dienstleistung anboten. Waren es anfangs auch einzelne Ziegeleiarbeiter, so kamen später nur noch Ziegelmeister. Man nannte sie „Lipper“, weil sie aus dem „Lipperland“ kamen.

Sie waren besonders ausgebildet und verstanden es, den Ringofen so zu bedienen, dass qualitativ gute Ziegelsteine produziert werden konnten. In dem Museum in Lage ist sogar zu sehen, dass diese „höherwertigen“ Experten“ mit Anzug und Fliege sowie einem Koffer anreisten.

Es wurde uns immer wieder erzählt, dass nur die „Lipper“ es konnten, den Ringofen zu bedienen. Zuletzt war es allerdings der Alleskönner Willi Wiegmann, der den Lippern über die Schulter schaute und zur Zufriedenheit des Ziegeleibesitzers Gustav Rust auch brennen konnte, und auch wesentlich billiger war.

Militär-Depot
In den letzten Kriegsjahren war die Ziegelei ein militärisches Depot und nach dem Kriegsende wurde das Depot geplündert. Meine Spielkameraden Heinz und Erich Wiegmann und ich hatten ein Kinderwagengestell und unser Weg führte durch die Kornfelder in die Schuppen der Ziegelei. Wir „erbeuteten“ so allerhand, irgendwelche Dosen mit weißem Pulver und viel Munition.

Die Munition entleerten wir und das Schießpulver wurde auch mal für einen Kanonenschlag gebraucht. Da darf man gar nicht dran denken, was wir damit alles angestellt haben. Wir warfen intakte Munition in das noch leicht schwelende Osterfeuer und warteten ab, bis alle reingeworfene Munition auch hochgegangen war – das pfiff dann ordentlich durch die Gegend, während wir in Deckung lagen. Es kam auch schon mal vor, dass wir uns verzählt hatten und dann wurde es gefährlich!

Einmal spannte ich Gewehrmunition in den Schraubstock und durchschlug den Zünder mit einem Nagel – fast hätte ich mir dabei in den Fuß geschossen.

Ziegeleibetrieb
Der Ziegeleibetrieb und die große Dieselmaschine faszinierten mich schon. Wir durften auch gerne mal zugucken, wenn die geformten Rohlinge aus der Presse kamen.

Der Job für die Mitarbeiter war hart, sie brachten die geformten Steine in den Trockenschuppen und später in den Brennofen mit Schubkarren. Noch härter war es, die warmen Steine aus dem Brennofen zu holen – immerhin waren das im Ofen wohl noch um die 50 °C.

Übrigens arbeitete mein späterer Schwiegervater Herbert Lischitzki auch auf der Ziegelei.

Willi Backhaus, ein begnadeter Kegler, leitete die Ziegelei und Sohn Horst war zuständig für das Herbeischaffen des Tons aus der Leinemarsch.

Die Ära Willi Wiegmann
Willi Wiegmann (Onkel Willi) war bekanntlich Alleskönner, lernte auch das Brennen und war alleiniger Brenner auf der Ziegelei. Er schlief dort auch oben auf dem Brennofen, denn dort war es ja warm.

Erich, Heinz und ich besuchten ihn schon mal, er konnte ja immer gute Witze erzählen.

Die Löcher, durch die die feingekörte Steinkohle geschüttet wurde, waren heiß, wenn man sie öffnete – sehr sehr heiß sogar. Wir Jungen besorgten uns schon mal Eier oder auch ein Huhn, das wurde das wurde dann auf der Ziegelei gebraten. Onkel Willi machte das gerne mit.

Resümee
Irgendwann mal ging der Ton in der Leinemarsch aus. Die Qualitätsansprüche an die Ziegelsteine stiegen, neue Investitionen wären erforderlich gewesen und so stellte die Helstorfer Ziegelei die Arbeit ein.

Es waren sehr schöne Erlebnisse, die wir dort hatten. Teilweise auch gefährlich – aber das sahen wir früher ja anders.

 

 

Bilder Ziegelei
1-Loren
Der Ton wurde in der Leinmarsch abgebaut und mit Loren zur Ziegelei gebracht. Anfangs mit einem Pferd als Zugtier und später eine Diesel-Lokomotive der Fa. Rudolf Rust, die vorher in der Kiesgrube im Einsatz war.
2.1- 2.2-Ziegelei
Die Helstorfer Ziegelei von der Straße aus gesehen und von der Marsch aus. Auf dem Bild ‚Marsch‘ ist links die Trasse der Lorenbahn zu erkennen.
3 Ziegeleiarbeiter
Die Arbeit im Ziegeleibetrieb war nicht einfach. Auf dem Bild  linke zu  erkennen  Herbert Lischitzki (mein späterer Schwiegervater)
4.1-4.2 Rundofen
Modell eines Rundofens  Das Feuer läuft in einer vorgegebenen  Zeit rund. Während im heißen Teil gebrannt wird, werden  gegenüber die  Steine rausgenommen und auch wieder neu gestapelt. Temperaturen im Ofen etwa 50 Grad.
5.1-5.2 Männer
2 Männer, die die Geschicke der Ziegelei in der Nachkriegszeit geprägt haben. Willi Backhaus leitete die Ziegelei und Willi Wiegmann übernahm die Aufgaben eines ‚Lippers‘ (Ziegelmeisters)
6.1-6.2-Lagerschuppen
In den großen Lagerschuppen werden die Steine vorgetrocknet, um danach in den Rundofen zu kommen.

7.1-7.2- Qualität
Die Qualität der in Helstorf gefertigten Ziegelsteine erreichte nicht mehr die geforderten Ansprüche. Außerdem wurde Ton in der Marsch knapp. So blieb es nicht aus, dass die Helstorfer Ziegelei 1965 geschlossen werden musste.
8-Sprengung
Der Schornstein der Helstorfer Ziegelei wurde 1967 gesprengt.
9-Museum
Im Ziegeleimuseum in Lage (Lipperland) kann man heute noch die Technik einer Ziegelei anschauen. Die Helstorfer Ziegelei entsprach der Museums-Ziegelei. Ein Besuch lohnt sich.
10.1-10.3 – Lipper
Die ‚Lipper‘ kamen im Frühjahr und gingen wieder im Herbst.
Es waren spezialisierte ‚Wanderarbeiter‘, die die Kunst des Ziegelbrennens gelernt hatten. Willi Wiegmann, das Helstorfer ‚Universalgenie‘, lernte von den Lippern das Brennen und ersetzte die teuren Gastarbeiter aus dem Lipperland.

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