Motorisierung in Helstorf
-Mit 17 Jahren einen VW Käfer-


Die großen Helstorfer Bauern hatten in den 50er Jahren einen Mercedes Diesel. Er wurde mit dem für die Landwirtschaft subventionierten Diesel betankt.
Die Baufirma Rust hatte im Krieg und in der Nachkriegszeit einen Lkw, der mit Holz Gas erzeugte, mit dem dann der Motor angetrieben wurde. Und 1958 kaufte mein Vater einen gebrauchten VW Käfer, mit der in Helstorf und Umgebung bekannten Nummer NRU-C 841. Als ‚Dienstfahrzeug‘ fuhr mein Vater eine 125 ccm Miele mit Sachs-Motor. Nach und nach lösten kleine Traktoren die Pferde in der Landwirtschaft ab.
In Sachen Motorisierung habe ich viel erlebt!

Motorräder und Mopeds
Mein Vater hatte schon als junger Mann ein Motorrad, eine DKW. Es gab Bilder, wo er mit seiner Zwillings-Schwester Lina auf dem Brocken (Harz – 1142 m) mit dem Motorrad zu sehen war. Als Chef der Spar- und Darlehenskasse hatte er als Dienstfahrzeug eine 125 ccm Miele, mit der er Kunden besuchte. Ich durfte schon mal mitfahren. Dann kam ein Kissen auf den Gepäckträger und die Beine schlackerten unten rum. Sozius und Fußstützen gab es nicht.

Wenn meine Eltern nicht zu Hause waren, wurde das Motorrad schon mal für Motor-Cross-Fahrten in unserer Wiese zweckentfremdet. Das machte riesigen Spaß. Einmal kamen meine Eltern unerwartet früher nach Hause und es gab Schläge. Das Motorrad bekam ein Kettenschloss angelegt und aus war es mit der Rennfahrerei in der Wiese.

Mit 16 bekam ich ein 50 ccm Moped, mit dem ich mit 40 km/h täglich zur Lehre nach Hannover fuhr, das waren immerhin 28 Kilometer. Der Motor wurde ein wenig frisiert, in dem der Zylinderkopf abgeschliffen wurde, um eine höhere Verdichtung zu bekommen. So fuhr das Moped immerhin 50 km/h. Übrigens, das schnellste Moped in Helstorf hatte Heinz Wiegmann, er schaffte mit seiner Kreidler 80 km/h – bis das Pleuellager kaputt ging.

1958 ging es mit dem Moped, das inzwischen eine schwarz-gelb gestreifte Lackierung bekommen hatte, zur Weltausstellung nach Brüssel und von dort über Nancy (F) nach Freiburg zum Schauinsland-Bergrennen.

Mit 17 durfte ich mit Sondergenehmigung den Führerschein machen und stieg um auf eine 125 ccm DKW, die hatte gerade mal 5 PS und fuhr etwa 70 km/h. Das war natürlich zu wenig! So wollte ich eine 500 ccm BMW haben und schaute mir eine solche Maschine auch in Sarstedt hinter Hannover an. Wenn meine Eltern aus dem Urlaub zurück kamen, wollte ich dann die schwere Maschine kaufen. Doch es kam anders.

Auf der Rückfahrt war ich mit der 175 ccm DKW meines Bruders Jürgen flott unterwegs – ich fuhr immer am „Limit“. Zwischen Resse und Negenborn gab es eine unübersichtliche S-Kurve (heute ist der Streckenabschnitt begradigt und die Kurve befindet sich im Wald neben der heutigen Streckenführung). Volle Pulle in die Linkskurve – doch dann kam mir auf meiner Ideallinie ein Auto entgegen. Ich musste bremsen und landete mit einem Kopfstand im Graben, das Motorrad hatte sich überschlagen und lag etwa 1 m hinter mir. Ich war, soweit ich das erkennen konnte, in Takt, hatte aber, wie sich später herausstellte, einen gebrochenen Finger und Schürfwunden an den Beinen und seitlich am Körper. Der Sturzhelm war seitlich stark zerkratzt und das Leder, mit dem die Hartschale um Kopf einschließlich Kinn festgeschnallt wird, stark abgeschürft. Der Sturzhelm hatte mir wohl das Leben gerettet?!

Der Rahmen des Motorrads war verzogen. Der Lenker stark verbogen. Ich konnte mit dem Motorrad aber nach Hause fahren. Bruder Jürgen war sauer. Ich musste die Reparatur natürlich von meinem Geld bezahlen. Nach der Rückkehr meiner Eltern durfte ich die BMW natürlich nicht mehr kaufen und musste bis auf weiteres meine 125er DKW fahren.

In Helstorf begann die Motorisierung unter den Jugendlichen und mit meiner 125er DKW konnte ich nicht mithalten. Ich kaufte mir eine gebrauchte 175er Maico – das war in der Beschleunigung eine Rakete. Wir machten mit den anderen „Motorradjugendlichen“ schon mal Rennstarts auf der Vesbecker Straße – da war ich immer vorne. Das schnellste Motorrad hatte Heinz Wiegmann, eine 200er Adler mit 2 Zylindern. Allerdings war diese Maschine so niedrig, dass in den Kurven die Fußrasten auf die Erde kamen. Unsere Rennstrecke war der Dreieckskurs Helstorf-Abbensen-Dudenbostel-Vesbeck.

Ein Fußballkamerad, Egon Herrmann aus Abbensen, hat sich totgefahren. Er fuhr zentral auf einen Bus, praktisch zwischen die beiden Scheinwerfer. Man sprach davon, dass er wohl zu viel Alkohol getrunken hatte.

Lkw – mit 13 von Bremen nach Hamburg
Die Spar- und Darlehenskasse („Kasse“) hatte einen 3,5 Tonner Mercedes Lkw, der von Walter Bartels gefahren wurde. Er diente dazu, Futtermittel von den Hamburger oder Bremer Häfen abzuholen oder auch bestellte Ware an die Bauern auszuliefern. Auf den Bauernhöfen durfte ich schon mal fahren und auch rangieren. Ich konnte das auch ganz gut. Auf der Autobahn von Bremen nach Hamburg ließ mich Walter Bartels auch schon mal fahren. Er saß ganz links an der Tür und ich durfte auf dem Fahrersitz schalten und lenken – ich war gerade mal 13 Jahre alt.

Auch die Bauern, insbesondere Heinrich Buschmann, nahmen meine ‚Fähigkeiten‘ im Treckerfahren gerne in Anspruch. Auf dem Acker fuhr ich den Trecker immer weiter, wenn hinten Stroh oder Kartoffeln aufgeladen wurden. Das ersparte eine Arbeitskraft und machte mir noch Spaß. Am Ende der Erntesaison gab es von Onkel Heinrich auch noch 10 DM als Lohn.

Ich fuhr mit der Kartoffelladung auch schon mal durchs Dorf und unser Dorf-Gendarm Walter Rotert kam mir entgegen. Oh weh – ich bekam es mit der Angst zu tun! Er erkannte wohl sehr spät, dass ein Junge auf dem Traktor saß – und nicht Heinrich Buschmann. Ich sah noch den erhobenen Zeigefinder – fuhr aber weiter.

Bei nächster Gelegenheit wurde Heinrich Buschmann gebeten, den Klaus nur bis zum Dorfrand fahren zu lassen. Ja, das waren noch Zeiten.

Der rote VW Käfer NRU-C 841
Die 125er Miele wurde bei der Spar- und Darlehenskasse durch einen VW Käfer ersetzt. Das Kennzeichen war NRU-C 841. Mein Vater hatte keinen Führerschein, aber sein Vertreter benutzte das Auto. Als Garage diente der Holzschuppen bei uns am Haus.

Alle Mitarbeiter wussten natürlich, dass ich Auto fahren konnte und so bat mich der Vertreter von Papa, das Auto aus der 400 m entfernten Garage zu holen. Das war ‚meine Stunde‘, mit 13 meine Rennfahrerqualitäten zu beweisen! In der ersten Kurve bei Lütjens Dora stand das Auto schon quer – im 3. Gang ging es an der Bäckerei Rehbock vorbei. Runter schalten in den zweiten Gang und volle Pulle in die Linkskurve beim Baubetrieb  Gleue. Das Auto stand wieder quer und Friedchen Hemme beobachtete die Rekordfahrt vor ihrem Gartentor und flüchtete in den Garten. Meine Fahrt durch Helstorf war schnell das Dorfgespräch. Mein Vater bekam das auch zu hören – seine Mitarbeiter wurden angewiesen, mich nicht wieder fahren zu lassen. Schade.

Als das Auto bei der „Kasse“ ausgedient hatte, kaufte es mein Vater. Ich hatte mittlerweile einen Führerschein und in der Lehrwerkstatt bei Mercedes iun Hannover, wo ich Kfz-Mechaniker lernte, wurde der VW überholt und bekam auch eine orange-rote Farbe. Das Auto sah wie neu aus. Aber, benutzen durfte ich es nur zur Arbeit und zu Fahrten zur Abendschule, die ich während meiner Lehrzeit besuchte.

Ich hatte aber einen Zweitschlüssel, von dem Papa nichts wusste und wenn ich das Auto ordentlich in der Garage abgestellt und den Schlüssel im Haus abgelegt hatte, holte ich schon mal heimlich das Auto aus der Garage mit meinem Schlüssel. Und so war ich unterwegs mit meiner Freundin Geschi. Wir kamen morgens  vom Luttmerser Schützenfest , vor der scharfen Linkskurve an der Jürsenbrücke, dort, wo heute Diethard Hensel wohnt, überholte uns in schneller Fahrt ein Opel. Ohne zu bremsen fuhr er geradeaus. Die Büsche gingen auseinander und schlossen sich wieder und der Opel lag auf der Wiese. Vier Personen waren im Auto und so besoffen, dass sie selbst nicht mehr wussten, wer gefahren war. Sie waren alle unverletzt. Ich erkannte einen der ‚Unglücksfahrer‘, einen Autoverkäufer aus Mariensee,, der bei Krauter in Mandelsloh im Autogeschäft arbeitete. Geschi und ich organisierten das Abschleppen, die Polizei wurde nicht ins Spiel gebracht.

Nun hatte ich es aber eilig, meine Freundin Geschi nach Hause zu bringen und bei der Einfahrt in den Lärchenweg fuhr ich in einem Mörtelhaufen, der vor dem Grundstück von Hund’s auf dem Weg lag. Rückwärtsgang und weiter ging es zum Lärchenweg 7. Am nächsten Tag war im Mörtelhaufen in Spiegelschrift das Nummernschild ‚NRÜ – C841 abgebildet und jeder in Helstorf wusste nun, mit wem Bully, das war mein Spitzname, liiert war.

Die „Bedingungen“ für die Autonutzung lockerten sich und so durfte ich es für Ausfahrten mit meiner Freundin Geschi und unseren gemeinsamen Freunden Annamarie Tegtmeier und Dieter Heise benutzen. Der VW NRU-C 841 hat so schöne Zeiten erlebt!

In Hamburg bei der Flutkatastrophe am 17.02.1962 wäre er fast abgesoffen –ich hatte ihn morgens am Anleger „Teufelsbrücke“ auf einem Streusandhaufen abgestellt, weil kein anderer Parkplatz mehr vorhanden war. Dadurch stand der VW 30 cm höher und war bei der einsetzenden Flut um 17.00 Uhr noch fast im Trockenen. Die 5 DM Bußgeld, die ich später wegen Falschparkens bezahlen musste, habe ich gerne bezahlt.

Wenig Geld für Benzin
Heinz Wiegmann hatte bei Krauter in Mandelsloh Autoschlosser gelernt und sich eine Werkstatt in einem Schuppen eingerichtet. Dort wurden Autos repariert und auch Unfallwagen wieder aufgebaut. Da waren schon edle Autos dabei, so ein offener DKW 1000, ein schicker Sportwagen in rot.

Auch gehörte zum Wiegmann’schen Auto-Pool ein Wehrmachts-Mercedes 170. Mit dem 170er Mercedes wurde auch schon mal die Schützenscheibe ausgefahren.

Wenn wir „Ausfahrten“ hatten, z.B. nach Klein-Heidorn in den dortigen Tanzschuppen „Toni“, dann wurde Geld für Sprit gesammelt und es wurde nicht zu viel davon gekauft, weil wir ja nicht so reich waren. Es kam dann schon mal vor, dass uns auf der Rückfahrt der Sprit ausging und wir die letzten Kilometer schieben mussten.

Die Auto-Ära Wiegmann begann in einem Schuppen und gipfelte in der erfolgreichen Teilnahme an Autorennen, wie dem berühmten 24 h-Rennen auf dem Nürburgring – aber Letzteres geschah nach meiner Helstorfer Zeit.

Resümee
Autos und Motorräder haben mich schon immer fasziniert und die Zeit habe ich von Kind an genossen. Aber es gab in meiner Zeit auch viele tödliche Unfälle, vier meiner Schul- und Sportsfreunde sind in jungen Jahren verunglückt: Willi Rohrssen, Wilfried Hannemann, Egon Herrmann und die Freundin von Adolf Fiedler aus Metel. Der Fahrer von dem Unglücksaut o, mein Fußballkamerad Adolf Fiedler, erschoss sich mit einer Pistole nach dem tödlichen Unfall, weil er mit dem Tod seiner Freundin nicht fertig wurde..

Autos in Helstorf
1 – VW
Autos gab es in den 50er Jahren in Helstorf nur wenige. Ich hatte das Glück, mit 18 Jahren schon einen VW fahren zu dürfen. Hier mit meinen Eltern.

2 – Bä-Bä-Auto
Wiegmann‘s hatten einen Mercedes Wehrmachtswagen (Cabrio). Tochter Cora nannte es Bä-Bä-Auto.

3-- Kassen LKW
Die ‚Kasse‘ hatte einen 3,5 Tonner Mercedes LKW. Ich fuhr ihn mit 13 Jahren auf der Autobahn von Bremen nach Hamburg und durfte damit auch auf den Bauernhöfen rangieren.

4 – Waldemar
Waldemar Wachtel (mein heutiger Schwager) lernte bei Opel Günther in Hannover und hatte schon einen Opel Rekord mit einer großen Antenne am Heck. Sein Spitzname: Antennen-Charly. Als Moped hatte er eine Viktoria – das war schon eine super Maschine.

5 – Autowerkstatt Wiegmann
Heinz Wiegmann hatte bei Krauter in Mandelsloh Kraftfahrzeugschlosser gelernt und machte Unfallwagen zurecht. Nicht ganz ungefährlich, als Treibgas beim Lackieren wurde Sauerstoff verwendet.

6 – DKW 1000 Sport
Ein wunderschönes Auto, der DKW 1000 Sport. Heinz Wiegmann hatte ihn als Unfallauto wieder aufgebaut, hier mit Erich Wiegmann (Ede)

7-Lambretta
Bruder Jürgen hatte eine 125ccm NSU-Lambretta. Nicht schnell – aber schön. Ich war damit auch schnell unterwegs.

8- Zandvoort
1961 ging’s mit dem VW zum Autorennen nach Zandvoort(NL). Gezeltet wurde in den Dünen am Meer.

9-Opel-Rekord
Am meisten fuhr man in Helstorf die Marke Opel. Das lag daran, dass es in Mandelsloh dieOpel-Vertretung  Krauter gab.

10-Moped
Mit einem 50ccm Moped fuhr ich 1958 zur Weltausstellung nach Brüssel. Rechts die 175er DKW von Bruder Jürgen

11-DKW-Papa
Mein Vater hatte Ende der 20iger Jahre ein DKW-Motorrad und fuhr damit auch auf den Brocken. Die Maschine stand bei uns immer noch in der Scheune.

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