Kinderspielzeug damals: Murmeln, Bollerwagen und mehr?

Womit wir damals spielten

 

 

Auf der Ferieninsel Rügen entdeckte ich Murmeln, ein paar Tage später kaufte ich mir in Stralsund eine Zwille und eine Hockeykrücke habe ich vor ein paar Monaten meinem Enkel Vincent geschenkt. Meine erste Holzlok, die ich 1946 zu Weihnachten bekam, habe ich auch noch.

 

Erinnerungen wurden wach – womit habe ich in meiner Kindheit gespielt?

 

Holzlok zum Ziehen

Auf die Holzlok aus dem Jahr 1946 bin ich heute noch stolz; sie hat viele Versuche, sie zu entsorgen, überstanden.

 

Es war die Nachkriegszeit, wo es praktisch nichts gab. „Universalgenie“ Willi Wiegma, ein ehemaliger Wehrmachtssoldat, hatte die Lok mit einfachen Mitteln hergestellt, aus Besenstiel und Kistenbrettern. Ich war damit glücklich, die Lok mit einem Bindfaden hinter mir herzuziehen. Die Lok hatte ja auch eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Dampfloks, die vom naheliegenden  Heidebahnhof Hope nach Hannover fuhren – mit ordentlich Dampf.

 

Bollerwagen mit Harras

Die Steigerung war dann, ich war wohl schon 6 Jahre alt, ein kleiner Bollerwagen – auch aus der Werkstatt Wiegmann. Es war ein echtes „recyceltes“ Fahrzeug, das heißt ein alter Wagen, der mit Farbe ein neues Outfit bekam. Ich war glücklich. Die Steigerung war dann noch, dass der kleine Bollerwagen noch eine Hundedeichsel bekam und ich lernte meinen Lieblingshund Harras an, den Wagen zu ziehen. Das funktionierte bald recht gut. Ich saß im kleinen Bollerwagen und Harras zog mich zu den Feldern „Totes Moor“ und „Neues Land“.

 

Man Spaß ging plötzlich zu Ende. Harras biss meinen Bruder in die Hand und wurde von meinen Eltern als zu gefährlich eingestuft. Dabei konnte ich mit Harras machen was ich wollte, nur meinen Bruder Horst mochte er nicht. Harras wurde an einen Lumpenhändler abgegeben und ich war sehr traurig, weil mein „Lieblingsspielzeug“ und eigentlich auch mein „Kamerad“ auf einmal weg war und es keinen Ersatz gab.

 

Dammbau quer auf der Straße

Ein weiteres Spiel waren Dämme bauen. Die Straße zwischen meinem Elternhaus und Nachbar Urban hatte noch keine Betondecke, die kam erst später in den 50er Jahren. Es war richtiger Heidesand. Und wenn es ordentlich regnete, z.B. ein Gewitterschauer, dann baute ich einen Damm und stauten das Wasser auf. Der Damm war wohl 30 cm hoch und der Stausee reichte bis auf Urbans Grundstück. Irgendwann, wenn es immer mehr Wasser regnete, gab es einen Dammbruch. Ich hatte meinen Spaß, wenn sich plötzlich eine riesige Wassermasse in Richtung Leinewiese mit etwas Getöse bewegte.

 

Wenn meine Mutter meinen Damm entdeckt hatte, dann mussten wir ihn abbauen, auch nach einem Dammbruch musste ich alles zurückbauen. Aber, Spaß hat das schon gemacht.

 

Murmeln Dank Kaufmann Krone

Es gab dann irgendwann mal eine „Murmelzeit“. Der Grund: Im Kolonialwarengeschäft Krone wurden kleine Kugeln, hergestellt aus Ton mit einer Außenglasur, angeboten. Alle spielten mit den Murmeln. Hinzu kamen Glaskugeln oder auch Kugeln aus Metall, die aus Kugellagern herausgenommen wurden. Kugeln aus Glas oder Metall waren höherwertiger, für eine Glaskugel gab es 10 Tonkugeln. Das Spiel funktionierte wie folgt: in die Erde wurde ein kleines Loch ausgehöhlt und aus einer bestimmten Entfernung musste man das Loch durch einen Wurf treffen. Traf man das Loch nicht, durfte man mit dem angewinkelten Zeigefinger die Kugel solange „ditschen“, bis sie im Loch war. Wer mit wenigsten Versuchen die Kugel(n) ins Loch bekam, hatte gewonnen und bekam alle Kugeln, die sich im Loch befanden.

 

Nester ausnehmen

Beliebt war das Räubern der Vogelnester. Die Eier wurden aus den Nestern genommen, ausgeblasen und auf eine Schnur aufgehängt. Spatzeneier gab es viele, aber die zählten nicht so richtig als Jagdtrophäen. Höherwertiger waren Eier aus den Nestern von Krähen, Tauben, Elstern und Habichten. Aber, diese Nester waren schlechter zu erreichen und man musste ordentlich klettern. Nester von Habichten, das war schon ein Risiko, weil man vom Habicht angegriffen wurde. Große Eiersammler waren Waldi (Waldemar Wachtel) und Diethard Hensel, ich kam da nicht so mit, war gleichwohl stolz auf meine Eierkette. Übrigens, tabu waren für uns Eier aus den Nestern von Singvögeln.

 

Stockschlagen – wer kommt am weitesten

Das Spiel, das ich jetzt beschreibe, dafür habe ich keinen Namen. Vielleicht „Stockschlagen“? In den Erdboden wurde ein Schlitz gemacht und auf den Schlitz ein kleines Stöckchen gelegt. Mit einem großen Stock wurde der kleine Stock angehoben, so dass er in der Luft schwebte. Dann wurde der kleine Stock weggeschlagen und wer dabei am weitesten kam, hatte gewonnen. Preis für den Sieger? Das weiß ich auch nicht mehr.

 

Forellenfangen in der Jürse

Im fortgeschrittenen Alter, ich war wohl schon 13 (?), wurden Forellen in der Jürse gefangen, das war ein kleiner Bach, der in die Leine floss. Ich habe das aber nie geschafft. Gut war ein Junge aus dem Haus „Smermüller“ (Schmiermüller, weil Haus und Umgebung immer dreckig/schmierig waren). Es kann sein, dass der wohl Paul hieß? Das Haus stand gegenüber dem Bauernhof Rust neben der Tischlerei Linneweh (heute Harald Grund).

 

Die Jagdtechnik war, dass man sich ruhig den im fließenden Wasser „stehenden“ Forellen näherte und wartete, bis die Forelle sich dicht vor den Beinen befand. Blitzschnell wurde mit den bloßen Händen die Forelle ans Ufer geworfen. Das klappte nicht immer. Übrigens, auch die Jürse stauten wir mit einem Damm auf, dann war das Wasser tiefer und besser zum Baden.

 

Zwillen aus Astgabeln

Auf der Rückkehr von einem Kurzurlaub auf der Insel Rügen entdeckte ich in einem „Holzfachgeschäft“ in Stralsund eine Zwille, professionell hergestellt aus verleimten Holz mit Gummiband und einem aus Leder gefertigten Lappen zum Aufnehmen der Steine.

 

Zwillen haben wir früher aus Astgabeln hergestellt mit Gummibändern aus dem Gummi von Weckgläsern und etwas Leder von einem ausrangierten Schuh.

 

 

Geschossen haben wir mit kleinen Steinchen auf Ziele wie Blechdosen oder auch schon mal auf Spatzen. Doch letztere habe ich nie getroffen. Freunde hatten schon mal Glück, aber sehr selten, weil die Spatzen schneller waren als der Stein und so genau konnte man ja auch nicht zielen und treffen. War aber trotzdem ein schönes Spielzeug.

 

Fischen in der Leine

Das war natürlich verboten. Man musste eine Genehmigung (heute würde man sagen „Angelschein“) haben. Aber, die Leine floss ja praktisch hinter unserm Haus und da war das Fischen für mich ein normaler Vorgang. Mein Opa Hermann aus Mandelsloh, der ja schon fast „berufsmäßig“ im Franzsee und Franzseegraben fischte, schenkte mir 2 Aalkörbe. Die hatten hatte einen großen Eingang, der sich zu einem kleinen hoch verjüngte und noch eine zweite Schleuse.

 

Die Aale, oder manchmal auch andere kleinere Fische, gelangten über den großen Eingangstrichter  durch das kleine Loch in den ersten Zwischenraum und dann in den eigentlichen Fangkorb..Am Ende des Aalkorbes gab es eine Klappe, wo die Aale aus dem Fangkorb  entnommen werden konnten.

 

Die beiden Aalkörbe versenkte ich in Ufernähe der Leine und nach etwa 2 Tagen wurde der Aalkorb wieder an Land gezogen und meistens waren auch Aale drin – manchmal auch nur Wollhandkrabben oder andere kleine Fische.

 

Das Fertigmachen der Aale für die Bratpfanne erledigte meine Mutter, die hatte das als Kind gelernt.

 

Aale hatten auch nach dem Tod noch ein „Weiterleben“ und sprangen schon mal aus der Pfanne. Warum? Dafür gab es keine Erklärung.

 

Sommer 1956 gab es ein Hochwasser und ich konnte die Aalkörbe nicht rechtzeitig an Land ziehen – die Leine hat sie bis heute nicht mehr freigegeben.

 

Resümee

Es gab noch viele andere Spiele. Heute darf man eigentlich das alles nicht mehr erzählen – aber schön war die Zeit doch.

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© Helstorf