Die Geschichte der Sparkasse Helstorf

Mein Vater war Sparkassendirektor

-Em-m Heinrich war für die Bauern da-

 

 

Mein Vater war Sparkassenrendant (heute „Sparkassendirektor“) und die Helstorfer Spar- und Darlehenskasse (die „Kasse“) war eine der größten in Norddeutschland.

Während meiner Kindheit war die Kasse bei uns im Haus, ganz früher wurden alle Geldgeschäfte sogar im Wohnzimmer meines Opas abgewickelt, meistens am Sonntag nach dem Kirchgang.

Es gab auch einen Warenbetrieb, der sich anfangs überwiegend am Hoper Bahnhof abspielte, direkt ab Waggon wurde der Kunstdünger ausgeliefert.

Ich bin also mit der „Kasse“ im Haus groß geworden und sollte nach dem Wunsch meines Vaters auch mal seine Nachfolge antreten – aber ich lernte Kfz-Mechaniker!

Mit der „Kasse“ habe ich gleichwohl viel erlebt!

 

Historie (aus dem Jubiläumsbericht 1978)

Seit dem Jahre 1908 besteht die Volksbank Helstorf (bis 1975 Spar- und Darlehenskasse).

Mutige, weitblickende Männer legten im kleinen Kreise den Grundstein zu dieser Genossenschaft. Es war ihr Ziel, für die Einwohner von Helstorf und der näheren Umgebung die Möglichkeit zu schaffen, ihre Ersparnisse sicher anlegen zu können. Außerdem wollten sie die zusammenfließenden Gelder der heimischen Wirtschaft nutzbar machen und konnten Mitgliedern durch die Gewährung zinsgünstiger Kredite helfen, ihre Lebensgrundlagen auszubauen und zu festigen. Das Vertrauen, das die Einwohner diesem Unternehmen schenkten, wuchs in den folgenden Jahren ständig.

 

Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Warengeschäft als Nebenbetrieb aufgenommen und hat seit dieser Zeit ständig zugenommen. Über das Warengeschäft wird anschließend berichtet.

 

Das stetige Wachstum der Genossenschaft erforderte immer größere Geschäftsräume. Zunächst tätigte man die Geschäfte im Wohnzimmer des ersten Rendanten Franz Hemme. Später dienten das Wohnzimmer und weitere Räume des Hauses Ridder als Geschäftsräume. Im Jahre 1956/57 wurde das heutige Bankgebäude mit drei Wohnungen für Angestellte gebaut.

 

Die Ausdehnung des Geschäftsbezirkes und der allgemeine Trend möglichst kundennah zu dienen, machten die Errichtung von Zweigstellen erforderlich.

 

Eng verbunden mit dem Aufbau der Spar- und Darlehenskasse Helstorf ist die Familie Ridder, Helstorf. Bereits im Jahre 1916 wählte man Heinrich Ridder sen. zum Rendanten. Er übergab im Jahre 1934 die Geschäfte an seinen Sohn Heinrich Ridder jun., der bis zum Jahre 1971 als Rendant tätig war.

 

Das Warengeschäft wurde ca. 10 Jahre nach Gründung der Spar- und Darlehenskasse Helstorf als Nebenbetrieb aufgenommen. Das Einzugsgebiet umfasste zunächst 19 Ortschaften, später wurden 25 Ortschaften betreut. Die meisten Ortschaften lagen im alten Nordkreis Neustadt, aber auch im Altkreis Burgdorf sowie im alten Kreis Fallingbostel.

 

Die Warenverteilung wurde zunächst schwerpunktmäßig ab Waggon in Hope betrieben, es folgten die Scheune auf dem Ridderschen Grundstück, das Warenlager und der erste Lagerschuppen im Jahre 1949. Weitere Baumaßnahmen erfolgten 1959/60 Getreidesilo und Lagerhaus.

 

Zur Belieferung der Kunden und zur Getreidevermarktung setzt die Volksbank (so hieß sie nach der Umbenennung) Helstorf einen eigenen Fahrzeugpark ein.

 

Papa war ein Rechengenie

Bevor es Computer und mechanische Buchungsautomaten gab, mussten Zinsen und alles andere „zu Fuß“ gerechnet werden. Papa machte das meistens abends oder sonntags. Er vertraute seinen Rechenkünsten so, dass er lange Additionstabellen nur einmal rechnete, es gab keine Proberechnung.

 

Mein Opa Heinrich war schon Sparkassenrendant von 1916 bis 1934 und hatte die Geschäfte an meinen Vater, der auch Heinrich hieß, 1934 übergeben. Papa hatte sich das erforderliche Wissen autodidaktisch angeeignet und war in seinem Metier sehr erfolgreich. Eine eiserne Disziplin prägte ihn und er konnte mit den Bauern gut umgehen. Dazu gehörten auch einfache Büroräume, kein Chefsessel. Die Bauern wussten so, dass „Heinrich“ einer von ihnen war, sie mochten ihn. Wenn Kunden nicht mehr kreditwürdig waren, ihnen aber geholfen werden musste, weil sie ihre Familien sonst nicht hätten ernähren können, dann half Papa schon mal mit einem privaten Kredit aus.

 

Aus dem Geschäft im Wohnzimmer wurde nach dem Neubau eines eigenen Gebäudes ein normaler Kassenbetrieb mit vorgegebenen Öffnungszeiten. Doch es gab auch einige Bauern, die nach wie vor nach dem Kirchgang zu uns ins Haus kamen zum Leidwesen meiner Mutter, die um 12.00 Uhr das Essen auf den Tisch bringen wollte. Besonderes Sitzfleisch hatte immer Heinrich Homann aus Averhoy, der blieb schon mal bis 13.00 Uhr und dann war für Papa der Sonntagsbraten kalt.

 

Einmal im Jahr war Hauptversammlung auf Wienhöfers Saal. Das war für die Bauern ein Festtag, es gab was zu essen und auch zu trinken. Papa musste dann den Jahresbericht abgeben und dabei verwendete er immer den „Sprechlückenüberbrücker“ „em-em“. So hieß Papa in Helstorf und Umgebung „Em-em Heinrich“.

 

Einmal bekamen wir von der Polizei den Hinweis, dass man die Kasse, die bei uns im Haus war, nachts überfallen wollte. Draußen hatte sich die Polizei versteckt und ich ging mit einem Beil ins Bett und wartete auf die Räuber. Sie kamen nicht – morgens gab es Entwarnung!

 

Es gab noch das Warengeschäft und hier wurde ich frühzeitig eingespannt. Die Anliefer-Lkw kamen schon mal außerhalb der Regelarbeitszeit und mussten abends oder sonnabends entladen werden. Da mussten meine Brüder und ich schon mal helfen – Kinderarbeit würde man heute sagen. Anfangs gab es 30 Pfennig die Stunde, später etwas mehr. Ich habe mir so manchen Groschen verdient.

 

Auch durfte ich mit dem Kassen-Lkw nach Hamburg und Bremen, wo Futtermittel aus dem Freihafen abgeholt wurde, mitfahren. Besonders gestunken hat Fischmehl, nach dem Beladen musste man sich ordentlich waschen. Es gab noch keine Autobahn A7 und so ging es über die Bundesstraße B75 und B3. Im Gasthof „Hohe Luft“ bei Dibbersen wurde eingekehrt und ich durfte eine Bratwurst mit Rotkohl und Kartoffeln essen. Für den Fahrer Walter Bartels durfte es auch ein Schnitzel oder Schweinebraten sein. Papa genehmigte uns jeweils ein Getränk, mehr nicht. Abgerechnet wurde nach Belegvorlage, Spesen in Form eines Pauschalbetrages gab es nicht. Übrigens war Papa bei allen Abrechnungen, auch bei anderen Mitarbeitern, sehr genau.

 

An eine Sache kann ich mich auch noch erinnern, das waren Präsente zur Weihnachtszeit. Papa bekam sie von den Firmen, mit denen er zu tun hatte – meistens waren es sog. Präsentkörbe mit allerlei schmackhaften Sachen. Papa verteilte sie an die Belegschaft – zum Leidwesen meiner Mutter, die alles lieber bei uns zu Hause gehabt hätte. Als die Firmen das mitbekamen, brachten sie die Sachen bei uns zu Hause vorbei, weil sie ja Papa persönlich was Gutes tun wollten. Doch Papa schleppte alles wieder in die Kasse zurück.

 

Resümee

Ich sollte unbedingt Bankkaufmann werden und die „Kasse“ in 3. Generation übernehmen. Doch ich wollte ja Rennfahrer werden und hatte überhaupt keine Lust, irgendwie am Schreibtisch, wie Papa, zu sitzen. Das war für Papa, dessen Lebenswerk ja die Kasse war, eine Art „Weltuntergang“.

Überschriften zu den Bildern:

 

Kasse

 

 

1 – Kasse im Haus

Die Spar- und Darlehenskasse war bei uns, Haus Nr. 25 (heute Fährmannsweg 7) bis 1957 untergebracht.

 

2 – Vorstand und Aufsichtsrat

Die Geschicke der Spar- und Darlehenskasse wurden durch einen Vorstand und Aufsichtsrat geleitet. Vierter v.l. mein Vater, rechts daneben Rudolf Rust (Baugeschäft).

 

3 – Neubau

1956/57 wurde ein neues Verwaltungsgebäude für die Spar- und Darlehenskasse gebaut. Oben Wohnungen für die Mitarbeiter.

 

4 – Betriebsausflug

Einmal im Jahr gab es einen Betriebsausflug mit dem Dela-Express, meistens nach Hamburg.

 

5 – Lkw

Mit dem Lkw wurden Futtermittel vom Hamburger Hafen abgeholt, oder auch Ware an die Bauern ausgeliefert.

 

6 – Jahreshauptversammlung

Die Jahreshauptversammlung fand anfangs auf Wienhöfers Saal statt und später, als die Kasse immer größer wurde, in einem Zelt.

 

7 – Franz Hemme

Franz Hemme leitete bis 1916 die Spar- und Darlehenskasse, daneben seine Frau Marie („Schlapp-schlapp“), Heinrich Rust (Ziegelei) und Heinrich Gleue (Bürgermeister).

 

8 – Schenk/Braun

Hermann Braun aus Vesbeck und Edeltraut Schenk, Mitarbeiter der Kasse, vor den Fenstern des Büros der Kasse.


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