Reiterdorf Helstorf – das war einmal?
Pferdezucht-Reitturniere-und viel mehr!
Tatsächlich hat Helstorf eine ruhmreiche Vergangenheit in Sachen Pferde, Pferdezucht und Reiterei: Wenn das Reiterfest auf der Helstorfer Heide stattfand, dann kam Freude auf und das ganze Dorf – und auch die umliegenden Ortschaften – gerieten in Feierstimmung.
Sorry, ich habe kein Pferd besessen und war auch kein Reiter – aber gleichwohl war es faszinierend für mich, wenn auf der Helstorfer Heide hohe Hürden übersprungen wurden oder wenn bei einem Pferderennen Reiter und Pferd mit einer sagenhaften Geschwindigkeit rund um den Turnierplatz galoppierten. Und die „Reiterstars“ von damals – man kannte sie: Karl-Otto Rehbock aus Helstorf, Meyer aus Amedorf, Heinrich Bünger und Friedrich-Wilhelm Meyer aus Roden und Dudenbostel.
Helstorf ohne Pferde
Lehrerin Annemarie Rust verkündete ihren Schülern: „Bald wird es keine Pferde mehr geben.“. Es war die Zeit, wo sich auch die kleineren Landwirte einen Traktor leisten konnten, meistens war es ein kleiner Deutz mit 15 PS, damit konnte man schneller pflügen als mit einem Pferd. In der damaligen Landwirtschaft waren es oftmals schwere Pferderassen, die zum Einsatz und eigentlich nicht für die Reiterei in Frage kamen. Doch es kam anders, das Pferd wurde für die Reiterei entdeckt und Reiten wurde Mitte der 60er Jahre zu einem beliebten Hobby.
Es gab auch eine Übergangszeit. Günter Kahle, der auf dem kleinen Bauernhof an der Walsroder Straße groß geworden war und sich auch als hervorragender Langstreckensportler betätigte, benutzte wochentags sein Pferd in der Landwirtschaft und am Wochenende zum Reiten auf Turnieren. Das war natürlich nicht optimal, aber es war wohl auch mehr der olympische Gedanke, dabei zu sein. Besser dran war Karl-Otto Rehbock, der Pferde züchtete und sie auch erfolgreich bei Turnieren einsetzte.
Ein Pferd hielt sich auch der Helstorfer Arzt Dr Mittelmann, der allerdings nach getaner Arbeit nur damit ausritt. Auch der aus Ostpreußen vertriebene Zahnarzt Dr. Werner Pankow war ein begeisterter Reiter und nahm an Fuchsjagden teil – fiel aber bei einer solchen „Verfolgungsjagd“ mal vom Pferd, brach sich die Hand und das war das Ende seiner Reiterei.
Pferde in Helstorf, die gab es mehr als früher und Annemarie Rust hatte hier wohl nicht Recht.
Bekannte Pferdezüchter
Mit dem zunehmenden Reitsport stieg auch die Nachfrage nach Reitpferden und in Helstorf waren bekannte Züchter, wie Willi Stucke und Karl Rehbock ansässig. Diese Tradition wurde bis in die heutige Zeit fortgesetzt, erst kürzlich entdeckte ich bei einer Besichtigung des Celler Landesgestüts einen Hengst namens „Stolzenberg“, gezüchtet von meinem früheren Sportkameraden Gerd Odlozinski.aus dem Nachbarort Luttmersen.
Wille Stucke, der Besitzer des Hofes Nr. 1 (am Sportplatz), trainierte seine jungen Pferde an der Leine. Sie mussten praktisch stundenlang im Kreis herumlaufen. Eine Versteigerung der in Helstorf gezüchteten Pferde erfolgte in Verden (Aller) und dort wurden oft hohe Preise erzielt.
Aus einer Zeitungsnotiz, die mir Helga Rehbock, Gattin des 2018 verstorbenen Bäckermeisters und Pferdezüchters Karl-Otto Rehbock, zur Verfügung stellte, ist sogar zu lesen, dass ein Pferd namens Sheila des Züchters Karl-Otto Rehbock mit dem Reiter Franke Sloothak mit dem deutschen Nationenpreis den dritten Platz bei einem Welt-Turnier belegte.
Gezüchtet wurde die „Hannoversche Pferderasse“. In Celle gab es das Landesgestüt, wo edle Hengste für das Decken der Stuten gezüchtet wurden. Die Hengste wurden den Sommer über auf Deckstationen in Niedersachsen verteilt, so gab es eine solche Station in Mandelsloh hinter dem Gasthof Wiebe. Das war alles noch natürlich, was sich dann mit Hengst und Stute abspielte – von künstlicher Befruchtung war damals noch keine Rede.
Reiterfest – Höhepunkt auf der Helstorfer Heide
Der Mandelsloher Reitverein richtete etwa alle 2 Jahre ein weit über die Grenzen bekanntes Reitturnier aus. Auf der Helstorfer Heide wurde ein Parcour aufgebaut, es gab Zelte und Pferdeboxen, praktisch war in der blühenden Heidelandschaft eine „Reiterstadt“ entstanden – sogar Tribünen waren vorhanden.
Mein Vater Heinrich Ridder war auch involviert, er war für das Finanzielle zuständig. So gab es Kassen schon auf der Zufahrt zum Turnierplatz auf der Straße „Zur Reiterheide“.
Es gab noch keine Pferdetransporter, die Reiter kamen überwiegend mit Kutschen angereist. Die Reitpferde waren teilweise dann im „Schlepptau“ oder auch vorne angespannt. Es war ein Erlebnis für die Helstorfer, wenn die Reiter mit Pferd und Kutsche in dem mit Birkenzweigen geschmückte Dorf ankamen.
Für die fremden Reiter wurden „Privatquartiere“ organisiert. Bei uns zu Hause schliefen immer 2 Reiter in der guten Stube. Das ging nicht immer reibungslos vonstatten, einmal waren unsere Gäste wohl etwas mehr betrunken und zum Leidwesen meiner Eltern zerstörten sie die gute Hängelampe im Wohnzimmer.
Nach getaner Reiterei fand abends in einem großen Festzelt der Reiterball und so manches „Reiterspiel“ auch außerhalb des Zeltes in der Heide statt.
Reitturniere auf der Helstofer Heide, das war immer ein Großereignis in der damaligen Zeit, wo noch 1 PS statt vieler PS gefragt war.
Resümee
Das Reiterdorf Helstorf hat in der Nachkriegszeit mit der Züchtung edler Pferde und den über die Landgrenzen hinaus bekannten Reitturnieren Geschichte geschrieben und gerne erinnere ich mich an die Reitturniere – obwohl ich selbst kein Reitpferd hatte.
Klaus Ridder
Die Reiterheide wird heute mit Heidschnucken und Ziegen gepflegt.
Foto: Lischitzki