Feuerwehren sind in Deutschland „gesellschaftstragend“. Man löscht Brände, ist gesellig zusammen und in Helstorf gab es sogar einen Feuerwehrball. Letzteres war das große Ereignis in der ja sonst trostlosen Winterzeit. Und weil wir jungen Helstorfer ja sonst wenig Abwechslung hatten, wurden wir selbstverständlich Mitglied der „Freiwilligen Feuerwehr Helstorf“.
Feuersbrünste – man war machtlos
Feuer war das Schlimmste was einer Stadt, einem Dorf passieren konnte. Man war machtlos und danach arm. Mein Elternhaus brannte 1872 nieder und über der Dielentür steht der Spruch „Durch des Nachbars schnelle Glut stürzte es zusammen. Gott der …“. Ja 1872, so erzählte mir mein Opa, sei unser Haus abgebrannt, weil nebenan der Stall von Köllens (später Urban, heute Thien) gebrannt hat.
Es kam zur Gründung von Feuerwehren. Doch nach dem 2. Weltkrieg hatte niemand mehr Lust, in die Feuerwehr zu gehen. Alle hatten ihre ‚Nase voll‘, eine Uniform zu tragen.
Ich kann mich daran erinnern, dass die männlichen Bürger von Helstorf sich nach dem Krieg melden mussten, um als Feuerwehrmann zur Verfügung zu stehen. Man fand sich am Spritzenhaus ein und Heinrich Stünkel (Gastwirt und Musiker) leitete die Zusammenkunft. Die Feuerwehrleute wurden praktisch „zwangsverpflichtet“ – bis es wieder eine funktionierende ‚Freiwillige Feuerwehr‘ gab.
Mit Heinrich Büsing bekam die Feuerwehr 1953 einen „militärischen Drill“ und, als ich etwa 1958 in die Feuerwehr eintrat, bekam ich auch beigebracht, wie man ‘stramm steht‘. Zu bemerken ist hierzu, dass Heinrich Büsing im 2. Weltkrieg es zum Leutnant gebracht hatte – als Sohn eines Bauern- und so seine soldatischen Gewohnheiten auch auf uns Feuerwehrleute übertrug.
So manchen Pokal brachten die guttrainierten Helstorfer Feuerwehrmänner von den Wettkämpfen nach Hause. Den Pokal trägt Werner Gleue(Mitte).
Obere Reihe v.l.n.r. Wolfgang Badura, Klaus Ridder, Willi Rohrßen und Werner Gusek.
Vorne : Heinz Wiegmann, Dieter Heise, Werner Bernd und Horst Schlieckermann.
Wettkämpfe
Nicht immer brennt es und zum Vergleich der Leistungen der einzelnen Wehren wurden „Wettkämpfe“ durchgeführt.
Fast alle Gemeinden hatten mittlerweile eine Feuerwehrspritze mit einem luftgekühlten VW-Motor und somit die gleichen Voraussetzungen. Der Wettkampf bestand darin, dass man antrat und mit dem „Startschuss“ los lief, um die Spritze aufzubauen, Schläuche zu verlegen, die Spritze in Betrieb zu setzen und auf den Befehl „Wasser marsch“ kam tatsächlich Wasser aus dem C-Rohr. Ein Eimer auf einer Stange musste herunter gespritzt werden und die Zeit wurde gestoppt. Wir Helstorfer waren sauschnell und haben so manchen Pokal gewonnen.
Der Sieg –oder manchmal auch die Niederlage - wurden dann ordentlich mit Bier ‚gelöscht‘.
In Hagen wollten wir nach „getaner Arbeit“ noch eine Erbsensuppe essen. Doch offensichtlich hatte man nicht mehr mit unseren hungrigen Mägen gerechnet.
„Do komt noch wegge – hol noch en Ammer Woter“ (Da kommen noch welche – hol noch einen Eimer Wasser) – und so wurden wir mit der verwässerten Erbsensuppe doch noch satt.
Einsätze
Wir haben nicht nur unseren Durst gelöscht – es gab auch Einsätze.
So kam ich morgens von einem Feuerwehrfest aus Vesbeck nach Hause und bemerkte im Nachbarort Mandelsloh einen hellen Lichterschein. Ein Haus brennt? Ich alarmierte unseren Brandmeister Büsing, es gab Feuerwehralarm und sehr schnell rückte die Helstorfer Feuerwehr aus. Unsere einachsige Spritze wurde von „Eggers Trecker“ gezogen und wir waren eher am Brandherd als die Mandelsloher Feuerwehr. Der Schweinestall von Bauer Sprengel brannte. Wir öffneten die Schweineboxen und die Schweine liefen ängstlich in die Freiheit. Ich stand mit meinem C- Rohr auf einem Misthaufen und war noch leicht vom Vesbecker Feuerwehrfest ‚geschädigt‘ – ich weiß es nicht mehr genau, ob ich nun das C-Rohr gehalten habe oder das C-Rohr mich ?. Jedenfalls kam irgendwann mal der Befehl „Feuer aus“.
Ich machte während eines Gewitters in meinem Zimmer meine Schulaufgaben. Plötzlich ein gewaltiger Donnerschlag – es musste irgendwo ganz in der Nähe eingeschlagen haben.
„Feueralarm – Kamp‘s Hus brennt“. Die Feuerwehr rückte an und es wurde gelöscht. Das Wasser kam aus der Leine, die war ja nur 100 m von Kamp‘s Bauernhof (alte Gastwirtschaft Heinrich Stünkel an der rechten Anfahrt zur Leinebrücke) entfernt. Und jede Menge Wasser! Der Brand war schnell gelöscht. Nachher war der Wasserschaden größer als der Brandschaden!
Es gab noch Wald- und Moorbrände, wo wir mit Fichtenästen die Flammen ausschlugen, und normale Hausbrände.
Einmal mussten wir als Feuerwehr auch mal im Winter die Straße von Schnee befreien. Es hatte nachts stark geschneit, wohl um die 50 cm, und Helstorf sowie die umliegenden Ortschaften waren von der ‚Außenwelt‘ abgeschnitten.
Neben dem Spritzenhaus an der Vesbecker Straße (heute Walsroder Straße) stand ein Schneepflug. Das war ein Holzdreieck mit einer Deichsel davor und wurde ursprünglich von Pferden gezogen.
Als Feuerwehrmann wurde ich gebeten, mit Herrmann Wiechmann (Schäper Herrmann, er war Knecht bei Guschen Rust), den Schnee zu räumen. Wir fuhren mit dem Schneepflug durchs Dorf, vorne der grüne Trecker von Bauer Rust und ich saß auf dem Schneepflug. Bei Gasthof Wienhöfer fuhren wir noch eine Extrarunde, damit die Gäste auch in die Kneipe kamen. Es gab einen Schnaps und der tat bei der lausigen Kälte auch gut. Dasselbe beim Gasthof Müller, da gab’s keinen Schnaps.
Helstorf war mittags immer noch von allen umliegenden Ortschaften abgeschnitten und so kam die Bitte vom „Wegeschaufler“ Fritz Helfers, der für die Straßen rund um Helstorf zuständig war, ob wir nicht auch weiter nach Vesbeck fahren könnten. Fritz Helfers fuhr mit und zu dritt fuhren wir so manche Kneipe an und es gab immer einen Schnaps, aber auch von anderen Bürgern, die sich darüber freuten, dass wir vor ihrem Haus den Schnee räumten. Wir fuhren bis nach Esperke und Hope. Ich hielt mich mit dem Schnapstrinken etwas zurück, weil ich nicht so richtig Schnaps mochte, aber „Wegeschaufler“ Helfers langte dafür doppelt zu, auch unser Fahrer Schäper-Herrmann trank so manchen Erwärmungsschnaps.
Letzte Station unserer Schneeräumung war wieder Gasthof Wienhöfer. Fritz Helfers konnte berufsbedingt ordentlich viel vertragen und tanzte mit Anne Wienhöfer seinen berühmten Krähentanz, wobei er in der Hocke seine Beine schwang, wie man es manchmal bei den Donkosaken sieht.
Schäper Herrmann konnte noch den Trecker verlassen, war aber nicht mehr fähig, einen ‚Absacker‘ zu trinken. Sein Chef Guschen Rust musste den Trecker nach Hause fahren.
Resümee
Jeder Helstorfer Junge war auch Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Es wurde so mancher Brand gelöscht, auch ein solcher, der in der Kehle brannte.