Man hat heute ein „Handy“ und kann in alle Welt telefonieren. Diese „Dinger“ sind „Multifunktionsgeräte“, man kann mit ihnen sogar fotografieren. Auch den Umgang damit, den beherrschen heute schon Dreijährige.
Das war nicht immer so! In meiner Kindheit hatten nur wenige Helstorfer ein Telefon – zum Telefonieren ging man entweder zur Post bei Wienhöfers oder zu Bekannten, die ein Telefon hatten.
Fortschritt der Technik
Bei uns im Haus gab es schon immer ein Telefon, weil die Spar- und Darlehenskasse das Büro bei uns hatte.
Ortsgespräche waren möglich, in dem man auf der Wählscheibe die Nummer wählte, sie war im Telefonbezirk Mandelsloh dreistellig. Ja, Helstorf gehörte zu Mandelsloh und wenn man ein Ferngespräch führen wollte, dann musste man das in Mandelsloh (Amt Mandelsloh) anmelden. Das „Fräulein vom Amt“ baute die Verbindung durch „Stöpseln“ verschiedener Leitungen auf und rief zurück, wenn der Teilnehmer sich am anderen Ende der Leitung gemeldet hatte. Man musste solange am Telefon warten. Nach Beendigung des Gesprächs wurde noch vom „Fräulein vom Amt“ die Gesprächsdauer und der Preis durch einen separaten Anruf mitgeteilt. Am Ende des Monats gab es dann die handgeschriebene Rechnung mit kleinen Zetteln, auf denen die jeweiligen Gespräche vermerkt waren.
Gespräche waren damals sehr teuer und es wurde sich beim fernen Informationsaustausch per Telefon immer beeilt. Dauergespräche, wie wir sie heute oft führen, waren damals nicht üblich und wären auch nicht bezahlbar gewesen.
Die Technik schritt voran und 1961 erlebte ich in Hamburg erstmals, dass in einer gelben Telefonzelle ein direktes Ferngespräch geführt werden konnte, mit Vorwahl und Endnummer: Diese Ferngespräche waren zwar auch noch teuer, aber man fasste sich ja kurz.
Nicht jeder konnte telefonieren! Die Menschen hatten vor diesen schwarzen Einheitsgeräten, die repräsentativ im guten Wohnzimmer standen, Respekt.
Automatische Mitteilung von Oma Frieda
Wenn das Telefon klingelte, ging Oma Frieda auch ans Telefon, wenn sie allein zu Hause war. Aber sie hatte Respekt vor diesem kleinen klingelnden Apparat. Sie stellte sich in strammer Haltung davor auf, nahm mit der rechten Hand den Hörer ab und führte ihn schnell zu Ohr und Mund: „Use Hanrich is nich inne – de Kasse isse sloten!“ (unser Heinrich (ihr Sohn Heinrich, mein Vater) ist nicht zu Hause, die Sparkasse ist geschlossen). Der Hörer wurde schnell wieder aufgelegt und das Gespräch war beendet, egal wer angerufen hatte und was er wollte. Aber, Oma hatte voller Angst und Respekt das Ding zum Schweigen gebracht.
Ich rief schon mal von außerhalb an, um eine Nachricht loszuwerden. Ich wurde genauso behandelt wie alle anderen auch. „Oma, Oma – nicht auflegen. Ich bin’s, Klaus“. Alle Worte und Bitten halfen nicht, Oma legte nach ihrem „Einheitsspruch“ schnell wieder den Hörer auf.
Die kranke Kuh
Ein Anruf, ich meldete mich mit „Klaus Ridder“. Es war Nachbar Heinrich Gleue (Onkel Heinrich), aber offensichtlich hatte Onkel Heinrich von nebenan nur den Namen „Klaus“ gehört und Klaus hieß auch der Tierarzt in Mandelsloh „Dr. Klaus Rotermund“. Bevor Onkel Heinrich erkannte, dass er wohl einen anderen Klaus sprechen wollte und sich verwählt hatte, ging das Gespräch auf der anderen Seite weiter und meine versuchten Unterbrechungen kamen einfach nicht bei Onkel Heinrich an. Es ging darum, dass das Euter der Kuh entzündet war und eiterte. So hörte ich weiter, dass ich unbedingt schnell kommen musste, weil sonst die wertvolle Kuh sterben könnte.
Irgendwann musste Onkel Heinrich mal „Luft holen“ und ich konnte ihm sagen, dass ich nicht Klaus Rotermund bin und er sich wohl verwählt hatte. Es kamen noch ein paar entschuldigende Worte, denn es war offensichtlich für ihn peinlich, dass er seine „Kuhgeschichte“ dem 7jährigen Nachbarssohn Klaus erzählt hatte.
Nun musste Onkel Heinrich nochmals anrufen, aber der Kuh konnte geholfen werden, denn kurze Zeit später kam Dr. Klaus Rotermund vorbei gefahren.
Herrmann, Du kennst mik doch
Wenn ich bei Opa Herrmann Laue in Mandelsloh war, riefen immer mal wieder Leute an, wenn es Probleme bei der Stromlieferung gab.
Opa Laue hatte einen Meisterbetrieb und schon sehr früh ein Telefon. Er war ein fortschrittlicher Mensch und meldete sich mit „Herrmann Laue“. Doch die Menschen am anderen Ende der Leitung, für die war es manchmal das erste Ferngespräch und sie vergaßen, ihren Namen zu nennen. Wenn Opa dann nachfragte, wer denn der Anrufer sei, kam prompt die Antwort: „Herrmann, Du kennst mik doch“. Manchmal wurden die Anrufer sogar ungeduldig, weil Opa sie nicht erkannte.
Das erinnert mich an die Zeiten meines Enkels Jascha, der mir immer am Telefon sein neuestes Spielzeug zeigen will, „Opa guck mal.“.
Resümee
Alle Anfänge sind schwer, auch das Telefonieren will gelernt sein. Was früher eine Art „Staatsakt“ war ist heute für ein 3jähriges Kind Selbstverständlichkeit.