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Oma Frieda "sprach" französisch

-Lehnwörter waren gebräuchlich-

 

Um es vorwegzunehmen, meine liebe Oma Frieda hat nie französisch gelernt. Sie wurde sehr früh Vollwaise und verlebte ihre Kinder- und Jugendzeit bei fremden Leuten in Rodewald. An eine höhere Schulbildung war nicht zu denken, sie besuchte die normale Volksschule.

Aber, wenn sie  mit mir sprach und mir immer wieder Geschichten erzählte, dann war ihr einfacher Wortschatz mit französischen Wörtern nur so „gespickt“. In der Schule habe ich gelernt, dass man Wörter aus einer anderen Sprache, die man im deutschen Sprachgebrauch verwendet,‘Lehnwörter‘ nennt.

Das ist ja heute auch noch so, nur heute „lehnen“ wir uns Wörter aus dem Englischen heraus. Vor über 100 Jahren war das anders, da waren es Wörter aus dem Französischen. Und der Adel oder andere „höherwertige“ Menschen unterhielten sich auch untereinander auf Französisch, um sich auch von den einfachen Menschen abzugrenzen. Gleichwohl benutzten die „einfachen“ Menschen auch einzelne Wörter aus dem Französischen.

 

Chaiselongue war der Zünder

Vor ein paar Tagen fuhr ich von Bonn in Richtung Königswinter und an einem blau gestrichenen Haus las ich das Wort Chaiselongue. Da wurden sofort Erinnerungen an meine Kindheit wach und ich dachte an Oma Frieda, die immer mal zu mir sagte „Tob nich so auf dem Chaiselongue.“. die Ermahnung bekam ich dann, wenn ich die Sprungfedern des Sofas (= Chaiselongue) übermäßig durch Springen beanspruchte; das Sofa war so eine Art Trampolin.

 

Sonnabends nach dem Abendessen hörten wir alle zusammen Radio. Aber das Wort Radio ist ja bis heute geblieben, obwohl man in der Hitler-Zeit versuchte, es durch „Rundfunk- oder Volksempfänger“ zu ersetzen.

 

Oma Frieda hat in ihrem Leben zwei große Reisen unternommen, sie fuhr einmal zu ihrer Schwester nach Duisburg und ein anderes Mal zur anderen Schwester nach Berlin. Ein Chauffeur brachte sie zum Hoper Bahnhof. Die Zeremonie mit der Fahrkartenkontrolle hörte ich immer mal wieder: „Da kam der Controleur und ich musste ihm mein Billet zeigen. Er knipste da ein Loch rein und ich bekam es zurück.“

 

Am Ortsausgang in Richtung Friedhof wohnte der Gendarm Grobe. Er war der Chef einer Gendarmerie.

 

„Mach keine Fisimatenten, wurden wir immer mal wieder ermahnt, wenn wir keine Dummheiten machen sollten. Erst viel später, ich studierte schon in Köln, erfuhr ich die wahre Bedeutung dieser Redewendung. Die Mütter ermahnten ihre Töchter, nicht in das Zelt (= tente) der französischen Besatzer zu gehen – und da keine „Dummheiten“ zu machen.

 

Oma Frieda war immer krank. Ihr wurde schon in den 1930er Jahren eine Niere entfernt von einem Operateur. Und dieser Operateur hatte auch noch einen französisch klingenden Namen Docteur Bonneur, wahrscheinlich ein Hugenotte, der nach Deutschland geflohen war.

 

Oma Frieda in Hannover, dort fuhren wir mit einem Chauffeur 1947 zum Henriettenstift, wo mein Opa Krebsbestrahlungen erhielt. „Pass auf, Du musst auf dem Trottoir bleiben, sonst wirst Du überfahren.“.

 

Übrigens, der Chauffeur bekam für die Fahrten nach Hannover keine Moneten, sondern Wurst vom Bauernhof. Das war in Zeiten der Geldentwertung nach dem Krieg mehr wert. Das Portemonnaie blieb also zu.

 

Mein anderer ‚Opa Mandelsloh‘ war ein fortschrittlicher Mann und brachte die Elektrizität 1906 nach Mandelsloh. Er hatte schon ein Badezimmer mit einem Bidet. So richtig was anfangen konnte ich damit nicht. Ich habe es voll Wasser laufen lassen und darin gebadet. Natürlich gab es im Badezimmer auch eine Toilette. Opa Mandelsloh betrieb auch einen kleinen Omnibusbetrieb mit einem Kompagnon namens Peitmeier und fuhr Fahrgäste nach Hannover und nach den Bahnhöfen in Hope, Mellendorf und Neustadt.

 

Wenn wir abends ins Bett gingen, dann zogen wir einen Pyjama an und deckten uns mit einem Plümo (plumeau) zu.

 

Unser Fahrrad war ein Velo. Auch das Wort „Velocepe“ wurde schon mal verwendet. Aber, das kann auch eine Erfindung von Oma Frieda gewesen sein.

 

Und auch hier gibt es die Geschichte, dass Opa Mandelsloh als Jugendlicher den Mandelslohern lernte, mit dem Velo zu fahren.

 

Eine Suppe mit Fleischeinlage war eine Boullion und beim Schlachter Kasprusch in Mandelsloh gab es Boullionwurst. Die hatte kleine Fleischbrocken und war mit etwas Knoblauch gewürzt. Als Kinder bekamen wir als Zugabe beim Einkaufen immer ein Stück Boullionwurst.

 

Das Wort „gegenüber“ benutzte ich auch schon mal. Oma Frieda sagte immer vis a vis, wenn sie ein Haus bezeichnete, das auf der anderen Straßenseite lag.

 

Fritz Helfer war „Wegemeister“ und sorgte dafür, dass die Chausseen in Ordnung gehalten wurden.

 

Meine Cousinen und Cousins haben in Helstorf, Mandelsloh und Esperke gewohnt. Auch hier wurde versucht, die Wörter einzudeutschen. Aber „Base und Vetter“ hört sich sicher nicht so gut an.

 

Nach dem Krieg gab es viele Frauen, die ihre Männer verloren hatten. Diese Witwen hatte es schwer, die Notlage zu meistern. Oma Frieda half vielen Menschen, die in die Bredoulle gekommen waren.

 

Resümee

Auch wieder ein französisches Lehnwort, aber das hat Oma Frieda nie benutzt.

 

Autor: Klaus Ridder (05.08.2022)

Bild 1 – Oma Frieda

Oma Frieda war meine liebste Oma und sprach „französisch“. Hier sitzend mit Schwester

 

Bild  2-Chaiselongue

Das Wort ‚Chaiselongue‘ an einer Hauswand war für mich Auslöser mich mit dem ‚Französisch‘ meiner Oma zu befassen

 

Bild 3 – Controleur

Die Controleure heißen heute „Zugchef“.. Sie galten für Oma Frieda  als ‚Respektpersonen‘

 

Bild 4 Compagnon

Opa Mandelsloh hatte zusammen mit einem Compagnon einen Omnibus. Der Compagnon ist hier der Chauffeur

 

Bild 5 – Cousinen und Cousins

Familientreffen mit Cousinen und Cousins.

 

Bild 6 – Bidet

Vornehme Familien hatten im Bad ein Bidet

 

Bild 7 – Gendarm

Das Wort Gendarm war gebräuchlich für Polizisten

 

Bild 8 – Chaussee

Chaussee nach Mandelsloh mit Leinebrücke

 

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