Kirche: Konfirmation, Jugendkreis und Hochzeit
-Am schönsten war es nach dem Jugendkreis-
In Helstorf ging man zu meiner Zeit noch viel in die Kirche. Mit Pastor Eduard Weiß kam frischer „Kirchenwind“ nach Helstorf.
Nach der Konfirmation 1956 traf man sich abends zum Jugendkreis – aber schön wurde es erst danach. Es wurden schon mal Glocken geläutet, Eier geklaut und sonstiger Schabernack getrieben. Das war immer wieder der Hauptgrund, dass man sich zum Jugendkreis traf.
Pastor Weiß setzte Akzente
Pastor Weiß kam 1955 nach Helstorf und löste Pastor Schröder, der sich nach Herzberg (Harz) versetzen ließ, ab. Pastor Weiß war vorher in der Missionsarbeit der lutherischen Kirche tätig gewesen und mit einem Zelt von Kirchengemeinde zu Kirchengemeinde gereist, um dort zu predigen.
Er konnte sehr gut predigen und die Kirche war anfangs voll, weil seine Predigten die Menschen faszinierten.
In seiner Ära wurde viel Neues getan: Die Kirche wurde renoviert, die Bäume auf dem Friedhof entfernt (weil das Lauf zu viel Dreck machte) und bei der Renovierung des Turms gab es auch eine neue Turmspitze. Für den Entwurf des Helstorfer Wappens gab Pastor Weiß den Anstoß.
Nicht immer fanden die einsam von Weiß getroffenen Entscheidungen Zustimmung, aber der neue Pastor setzte sich durch.
1956 wurde ich von Pastor Weiß konfirmiert. Insgesamt waren wir damals 34 Konfirmanden.
Die Prüfung, um zur Konfirmation zugelassen zu werden, war eine richtig schwere Prüfung vor der Kirchengemeinde und so manche Strophe aus dem Gesangbuch oder die 10 Gebote oder bestimmte Psalme aus der Bibel mussten auswendig vor „versammelter Kirchengemeinde“ aufgesagt werden.
Wir trugen alle einen schwarzen Anzug und die Mädchen ein schwarzes Kleid – auf dem Konfirmationsbild sehen wir alle ganz schick aus.
Nach der Konfirmation gab es von Verwandten, Eltern, Dorfbewohnern und sonstigen Bekannten Geschenke, meistens waren es Taschentücher aus Stoff. Aber auch 4 Reisenessessärs waren dabei und von den Nachbarn ein Armbanduhr (meine erste), die hielt aber nicht lange, weil bei einem Regen Wasser reinkam.
Die Kirche wollte uns als gläubige Christen behalten und weiter fördern und so gab es einmal in der Woche abends den Jugendkreis. Da durften Mädchen und Jungen zusammen hin. Es wurden Bibeltexte vorgelesen und diskutiert. Es wurde gesungen oder es wurden auch Fahrten zu kirchlichen Festen geplant und durchgeführt, dazu später noch mehr. Wenn es dem Ende zuging, dann wurden wir nervös, denn dann sollte mal wieder etwas „ausgefressen“ werden. Aber vorab der Hinweis, wir haben nie etwas zerstört!
Glockenläuten
Der Kirchturm bekam außen neue Bretter und die Tür zum Turm war offen. Inga Öhlerking und ich wurden ausgeguckt, wir sollten abends um 22.00 Uhr läuten. Das haben wir auch getan und wollten schnell den Kirchturm verlassen. Unten angekommen mussten wir feststellen, dass unsere „Freunde“ uns eingeschlossen hatten. Bis wir später wieder befreit wurden, mussten wir eine wahnsinnige Angst ausstehen.
Eier klauen
Wir mussten natürlich, wo die Helstorfer ihre Eier in den Vorratskammern aufbewahrten. Die brauchten wir aber zum Spiegeleierbraten bei Anne Wienhöfer. Bei Schneider-Öhlerking hatten wir gerade durchs Fenster einen Korb mit Eiern entnommen, da ging das Licht an und Oma Brandes vermisste den Eierkorb. Werner Gleue (Flocki) stellte, als Oma Brandes ihre Tochter Anneliese (die Mutter von Inga und Bärbel) um Rat rief, den Korb schnell wieder in die Vorratskammer. Wir konnten noch erkennen, wie Anneliese Öhlerking zielorientiert auf den Korb zuging, als hätte er dort immer gestanden.
Regenwürmer
Es gab eine Wette, dass Inga Öhlerking keine Regenwürmer essen würde. Die Wette gewann Inga, sie hatte keine Probleme, das Ding herunter zu schlucken.
Gleuen Frieda im Nachthemd
Werner Gleue (Flocki) wurde streng erzogen und musste unmittelbar nach dem Jugendkreis zu Hause sein. Das war er natürlich nicht, wohl aber seine Schwester Erika. Und so suchte Flockis Mutter ihren verlorenen Sohn im Dorf, meistens im weißen Nachthemd. Das sah aus, als wenn ein Geist auf den Helstorfer Straßen unterwegs war. Hatte sie Flocki gefunden, dann gab es auch zu nächtlicher Zeit auf öffentlichen Straßen Schläge.
Ihr Kinderlein kommet
Die Familien Otto Böker und Herta Knop (mit „Negus“ liiert) hatten viele Kinder und wohnten in einer von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Baracke am Sportplatz, das war so eine Art soziale Unterkunft.
In der Vorweihnachtszeit sangen wir vor der Baracke das Lied „Ihr Kinderlein kommet“ und als sich innen jemand zeigte, hauten wir ab.
Es wurde Anzeige von Otto Böker erstattet und Dorf-Gendarm Walter Rotert wusste natürlich sofort, wer dahinter steckte, denn am Vortag war ja der Jugendkreis unterwegs gewesen. Ich war mal wieder – wie so oft – Ansprechpartner für Rotert. Die Strafe betrug 1 DM pro „Chormitglied“ und das Geld musste ich einsammeln und zum Gendarm bringen.
Jugendfest in Verden
In Verden (Aller) im Sachsenhain, dort wo Karl der Große um 800 bei der versuchten Christianisierung die Sachsen praktisch abgeschlachtet hat, fand ein zentraler Jugendgottesdienst für alle Jugendlichen der Hannoverschen Landeskirche statt.
Wir alle hatten unsere Konfirmationsanzüge und –kleider an, denn es war ja Gottesdienst.
Der Gottesdienst wurde durch ein Gewitter gestört und der wolkenbruchartige Regen machte uns alle klitschnass. Ob wir nicht richtig gebetet hatten, dass uns der liebe Gott so bestraft hat? Im Bus zogen wir uns unsere Klamotten aus, soweit zulässig.
Warum ich diese Geschichte aber erzähle, das war das besondere Verhalten von Heinrich Rabe’s Konfirmationsanzug.
Schneider Fritz Knop, der in Raben’s kleinem Haus wohnte, hatte ihn für Heinrich genäht. Den Stoff hatten Raben’s wohl bei sog. „Hamsterern“, die aus Hannover kamen, um Ware gegen Lebensmittel zu tauschen, eingehandelt. Er war aber minderwertig. Jedenfalls liefen die Ärmel und Hosenbeine so ein, dass Heinrich nur noch eine kurze Hose hatte! Auch die Ärmel reichten nur noch bis zum Ellenbogen. Dumm gelaufen!
Ja, der Jugendkreis – das war immer schön!
Heirat und Kindtaufe
Unsere Hochzeit stand an und es gab bei Pastor Weiß ein auf die Ehe vorbereitendes Gespräch. Er erzählte uns so allerlei, wobei er immer wieder betonte, dass wir die „fleischliche Liebe“ ja schon genossen hätten. Natürlich hatte er Recht. Er wurde im selben Jahr mit seinen damals 65 Jahren auch noch Vater. Alle Achtung!
Die Kindtaufe folgte wenige Monate nach der Hochzeit, auch in der Helstorfer Kirche und auch durch Pastor Weiß.
Pastor Weiß war ein außergewöhnlicher Mensch, der in seiner Zeit in Helstorf viele Akzente gesetzt hat.
Weitere Taufen
Bleibt noch zu erwähnen, dass 2011 mein Enkel Jascha und mein Urenkel Fynn auch in der Helstorfer Kirche getauft wurden und 5 Generationen waren dabei.
Resümee
Ja, die Helstorfer Kirche hat bei Ridder‘s immer eine Rolle gespielt.
Bildunterschriften Kirche
1-Kirche
Die Helstorfer Kirche mit dem markanten Holzturm – da wurde Familiengeschichte geschrieben.
2-Konfirmation
1958 wurde ich in der Helstorfer Kirche von Pastor Weiß konfirmiert.
3-Pastor Weiß
Pastor Weiß (li) mit Willi Wiegmann und Totengräber ‚Köbes‘
4-Wappen
Das Wappen von Helstorf wurde auf Initiative von Pastor Weiß Ende der 50iger Jahre entworfen
5-Hochzeit
1963 heirateten Geschi und ich in der Helstorfer Kirche
6-Reparatur
In der Zeit von Pastor Weiß wurde die Helstorfer Kirche renoviert. Wir jungen Helstorfer duften helfen
7-Taufstein
Der Taufsein war jahrzehntelang Viehtränke und wurde in den 40iger Jahren zurück in die Kirche geholt. Den Engel reparierte Willi Schwandt, der bei uns im Haus wohnte.
8-Petrusglocke
Abends nach dem Jugendkreis wurde von Inga Öhlerking und mir die Glocke geläutet – man hatte uns dabei eingesperrt
9-Turm
In der Turmspitze ist eine Schriftrolle hinterlegt, wo wir Teilnehmer des Jugendkreises uns verewigen durften
10-Taufe
Die Familie Ridder ist der Helstorfer Kirche über Jahrhunderte verbunden – 2011 hatten wir dort eine Taufe, an der 5 Generationen beteiligt waren.